Was ist Verhaltenstherapie?

Die Verhaltenstherapie hat sich in den letzten Jah­ren einen festen Platz in der kassenärztlichen Versorgung erobert und gilt nach wis­senschaftlichen Untersuchungen - insbesondere in bezug auf ihre kognitiven Methoden - als das erfolgreichste Therapieverfahren. In ihrer über 60-jährigen Entstehungsgeschichte bezog sie sich anfangs hauptsächlich auf psychologische Lerntheorien, inzwischen be­zieht sie das gesamte Spektrum psychologischer Erkenntnisse ein und betrachtet den Menschen in seinem Verhalten, seinen Kognitio­nen, seinen Emotionen und seinen physiologischen Abläufen.

 

Ein wesentliches Merkmal der Verhaltenstherapie ist, dass sie für unterschiedliche Symptomatiken spezifische Behandlungsmethoden entwickelt hat.

 

Dabei ist die Grundidee folgende: Pro­ble­ma­ti­sches Erleben und Verhalten hat aus­lö­sen­de Be­din­gungen in der Entstehungsgeschichte und wird durch spezi­fische Be­din­gun­gen in der Gegenwart auf­recht­er­halten. Diese aufrechterhaltenden Bedin­gun­gen bil­den einen wichtigen Ansatz­punkt in der The­ra­pie, da die Erfahrung ge­zeigt hat, dass die alleini­ge Kon­zentra­tion auf die Ver­gan­gen­heit mit den Ursprüngen der psy­chischen Stö­rung für einen Behand­lungs­erfolg häufig nicht aus­reicht, son­dern die ge­gen­wärtigen inter­nen Ab­läufe des Pa­tienten und sei­ne so­zia­le Um­ge­bung ihn in seinen Problemen fest­hal­ten. Es ist daher effekti­ver, von den ge­gen­wärti­gen Bedin­gungen auszu­gehen und die­se zu verändern und dann die Entstehungsgeschichte soweit ein­zube­zie­hen, als es nötig erscheint. Ver­hal­tensthera­pie ist also keine Thera­pieform, die die Ur­sprünge ei­ner psy­chi­schen Stö­rung igno­riert!

 

Entscheidend ist, dass der Patient in der Ge­gen­wart konkrete Verände­run­gen erfährt: Er ver­ändert seine ko­gnitiven Abläu­fe (Denk­mu­ster, Er­wartungen, Bewer­tun­gen) und sein Ver­halten, wobei ein Haupt­ziel ist, Ver­meidungsverhalten abzubau­en und sich an pro­blemati­sche und angstauslösende Si­tuatio­nen wieder anzunä­hern und sie zu bewälti­gen. Ge­rade bei Angst- und Zwangs­stö­run­gen ist eine "Reizkon­fronta­tion" in Verbindung mit Entspannungstraining für gewöhn­lich das Mittel der Wahl. Dies ge­schieht in einer ko­ope­ra­ti­ven und freundlichen Atmosphäre, die Pa­tien­ten erle­ben die­se Art des Vorgehens als hilf­reich und unter­stüt­zend.

 

Die zentrale Methode der Verhaltensthe­ra­pie zum Verstehen und Verändern von Pro­ble­men ist die genaue Verhaltens­ana­ly­se, die dann Ansatzpunkte für In­terven­tio­nen bietet, mit dem Ablauf:

 

 

Als Beispiel diene eine Person, die unter star­ken Ängsten leidet und versucht, in ei­nem Kaufhaus einkaufen zu gehen. So­bald sie das Kaufhaus betritt und die vie­len Men­schen sieht (auslösende Si­tua­tion), laufen blitzschnelle kognitive Prozesse in ihr ab (Befürchtungen, Ka­tastrophenphant­asien), so dass sich star­ke Emo­tio­nen von Angst und Panik ein­stel­len, die sie veranlassen, das Kauf­haus flucht­artig zu verlassen (Vermeidungsverhal­ten). Wird sie dann von ih­rem Partner liebe­voll getrö­stet oder be­lohnt sie sich zur Entspannung selbst, kann man sicher sein, dass ihre Ängste dau­er­haft stabilisiert werden. Die Verhal­tensthe­rapie stellt für jedes Stadium die­ses Ablaufs Me­tho­den der Veränderung zur Ver­fügung, die par­allel zur gegensei­tigen Un­ter­stützung An­wendung finden können. Da­bei wird sowohl das Symptom als auch das soziale Umfeld berücksichtigt.